Iran

Bereits morgen geht mit dem Grenzübertritt nach Armenien unser dreiwöchiger Aufenthalt im Iran zu Ende. Die Frauen freuen sich auf die Zeit ohne Kopftuch, die Männer auf Bier mit Alkohol. Ansonsten ein interessantes Land, landschaftlich, kulturell, mit reicher geschichtlicher Vergangenheit - vor allem aber freundliche Menschen. Überall wurden mit offenen Armen empfangen, spontan grüssten uns Leute auf der Strasse, fragten woher wir kommen, luden uns ein oder schenkten uns ein „Welcome to Iran“  - und immer wieder dieselbe Frage, ob uns der Iran gefalle. Die Menschen im Iran scheinen uns förmlich zuzuschreien – „hei, seht mal, wir sind doch gut und nett und nicht so, wie wir in der westlichen Welt dargestellt werden“.

Einmal, am morgen früh, nachdem wir abseits eines Dorfes auf einem freien Feld übernachtet hatten, fuhr ein älterer Mann mit seinem Pickup neben unser Fahrzeug und deutete uns an, ihm zu folgen. Er fuhr über die Strasse in eine nahe gelegene Plantage, nahm eine Machete vom Rücksitz, stieg ohne Hilfsmittel auf eine Palme und schnitt für uns einen ganzen Zweig mit frischen Datteln ab. Einfach so, spontan und herzlich, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Er freute sich dann aber sehr, als er von uns eine „Switzerland-Mütze“ erhielt.

Das Kopftuch für Frauen ist Pflicht. Mit dem Kopftuch und der Kleidung wird aber offensichtlich experimentiert. Vor allem bei den jungen Frauen. Das Tuch ist bunt, es rutscht am Kopf weit nach hinten, es verkommt zum modischen Accessoire. Während die älteren Frauen immer wieder prüfen, ob das Kopftuch weit genug hochgezogen ist, checken die jüngeren, ob es denn auch weit genug hinten sitzt. Auch lassen sie frech westliche Kleidung unter dem obligaten Umhang blicken, Schminke und ausgefallenes Schuhwerk sind Alltag. Ganz gross in Mode im Iran ist die Nasenkorrektur. Ein gerader Nasenrücken scheint ein Statussymbol zu sein. Immer wieder begegnen wir jungen Frauen (hin und wieder auch Männern) mit einem Pflaster auf dem Nasenrücken, das der Stabilisierung nach der OP dient. Man korrigiert eben das, was man zeigen darf.

Das Land bleibt uns sicherlich zwiespältig in Erinnerung. Die Geschichte, die Natur, die freundlichen Menschen und der billige Diesel (zwischen 3 und 10 Rappen pro Liter) auf der einen Seite. Auf der anderen Seite dann eher Unverständnis für das Kopftuch, das nach Geschlechtern getrennte Baden (auch im Meer), das nach Geschlechtern getrennte Anstehen bei öffentlichen Verkehrsmitteln oder das rücksichtslose Verhalten im Strassenverkehr (Fussgänger sind Freiwild).  

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