Arganöl - das begehrte Elixir für Haut und Gaumen

Wir sind bereits weit im Süden von Marokko, haben die Grossstadt Agadir elegant umfahren und auf dem Weg von Sidi Ifni in Richtung Guelmin. Auf halbem Weg, in Mesit, wollen wir die „Cooperative Tafyoucht“ besuchen. Rund 50 Frauen haben sich dort zusammengefunden, um hauptsächlich Arganöl und andere Produkte aus der Arganfrucht genossenschaftlich herzustellen. Im kleinen Ort Mesti folgen wir den etwas vergilbten Hinweisschildern zur Cooperative. Wir fahren durch einen Torbogen und parken unser Fahrzeug im Hinterhof. Über dem Hauseingang hängt das Schild der Cooperative. Ansonsten deutet nichts darauf hin, dass hier irgendetwas sein könnte. Leer und totenstill. Kein Mensch zu sehen, das Eingangstor verschlossen, alle Fensterläden zu. Einen zufällig vorbeigehenden jungen Mann versuchen wir nach den Öffnungszeiten zu fragen. „Geschlossen, zu, fertig“ gestikuliert er mit den Händen. Die äusseren Umstände deuten wirklich auf Pleite hin. Sind wir etwa den ganzen Weg hierher umsonst gefahren? Aber so schnell geben wir nicht auf. Auf dem Schild der Cooperative steht eine Telefonnummer. Wir rufen an, doch die Bandansage auf Arabisch hilft uns wenig. Wir versuchen es bei der Touristeninformation in Tiznit. Die Nummer haben wir aus dem Reiseführer. Dort wird uns versichert, die Cooperative gebe es auf jeden Fall noch, es könne aber sein, dass die Frauen unterwegs seien, beim Einsammeln der Früchte. Wir sollen uns bei der örtlichen Gemeindeverwaltung, am besten beim Gemeindepräsidenten selbst bemühen; man werde schon jemanden finden, der uns empfängt. Das kann ja heiter werden – im Hinterland von Marokko suchen zwei Touristen aus der Schweiz, ohne die geringsten Arabischkenntnisse, den Gemeindepräsidenten, um eine zur Zeit geschlossene Cooperative zu besichtigen. Man stelle sich das im übertragenen Sinn in der Schweiz vor! Zum Glück bemerkten wir bei der Zufahrt zur Cooperative, gleich nebenan, ein amtlich aussehendes Haus. Beim Eingang zum Gebäude empfängt uns ein Mann in einer dunkelbraunen Uniform, zwar unbewaffnet aber mit einigen Streifen an den Schulterpatten. Wir geben uns ehrfürchtig und fragen nach den Öffnungszeiten der Cooperative. Freundlich geht er mit uns in den Hinterhof, zeigt auf das Schild und weist uns an, dort anzurufen. Toll – nun haben wir den Amtsschimmel in Bewegung gesetzt. Wir versuchen, unseren Misserfolg mit der Telefonnummer zu erklären. Der Uniformierte bleibt aussergewöhnlich freundlich, zuckt aber etwas ratlos mit den Schultern. Unter dem Motto, kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, überreiche ich ihm ein kleines gebrauchtes Schweizer Taschenmesser und deute an, dass ich früher ebenfalls für den Staat gearbeitet habe. Mit glänzenden Augen und tausend Dank steckt er das Präsent ein, weist uns an zu warten und begibt sich eilenden Schrittes ins Amtshaus. Kurz darauf berichtet er uns freudig, er habe die verantwortliche Frau kontaktiert – sie habe noch geschlafen –sie werde aber in Kürze hier sein. Und siehe da, kaum fünf Minuten später erscheint eine ältere Frau, in traditioneller, farbenfroher Kleidung mit Schlüsseln in der Hand und öffnet uns das Tor zur Cooperative. Während einer kleinen Führung zeigt sie uns – sehr herzlich und geduldig – die Räumlichkeiten, in denen die Arganfrüchte verarbeitet werden. Voller Stolz setzt sie für uns sogar die Maschine zusammen, mit der die Argankerne gemahlen werden. Im kleinen, einfach eingerichteten Verkaufsraum der Cooperative erstehen wir schliesslich Kosmetikprodukte und ein Speiseöl aus Arganfrüchte sowie Honig aus lokaler Produktion.  

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