Zuerst Frust in Halifax ....

Das Schiff mit unserem Wohnmobil, das ja bereits mit einiger Verspätung unterwegs war, sollte am 28.6. in Halifax einlaufen. Auf diesen Zeitpunkt war auch unsere Rückkehr von der kleinen Tour durchs südwestliche Nova Scotia geplant. Und dann der grosse Frust. Eine Mail des Spediteurs: das Schiff habe - man lasse sich das auf der Zunge zergehen - nach Liverpool zurückkehren müssen, weil an Bord ein blinder Passagier aufgegriffen wurde. Gemäss Seerecht müsse dieser an den Ausgangspunkt zurückgebracht werden. Verspätung: eine weitere Woche. Der Frust riesengross, als würde man einem Kind am Weihnachtsmorgen mitteilen, Weihnachten sei um eine Woche verschoben worden. Nochmals eine Woche in Hotels. Nochmals eine Woche Verpflegung in Restaurants und Schnellimbissen.

Wir entschlossen uns, ein weiteres Mal eine Auto zu mieten und den Fundy National Park in New Brunswick sowie Prince Edward Island zu erkunden.

Das grosse Naturschauspiel im Fundy National Park sind die extremen Tiden. Bis zu 16 Metern kann die Differenz des Meeresspiegels zwischen Ebbe und Flut betragen. Frühmorgens steigen wir hinunter zum Strand und den übergrossen unterschwemmten Felsformationen, die die Ebbe für einige Stunden freigegeben hat. Wir nützen die Zeit bis zum Einsetzen der Flut und wandern einige Kilometer entlang der Küste - manchmal über grosse Steinformationen, manchmal durch lehmig sumpfigen Sand. Links von uns das Meer, das sich noch immer zurückzieht, rechts die bizarren Küstenfelsen. Zurück, oben auf den Klippen, warten wir geduldig bis zum Einsetzen der Flut. Ein gigantisches Spektakel. Ruhig und sanft aber unaufhörlich und unaufhaltsam steigt der Meeresspiegel. Zentimeter für Zentimeter. Stück für Stück werden die Felsen vom Wasser umspült, verschwinden teilweise komplett. Die immense Wucht der Natur vor Augen wird uns bewusst, wie marginal unser Dasein ist.

 

 

Mehr von 2022 Kanada / USA